Martin Voigt, Johanna Köhler
10.2.2023
Der Einsatz von Softwarelösungen mit künstlicher Intelligenz (KI) ist für zahlreiche kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) mit Hemmnissen und deutlichen Hürden verbunden. Wenn dabei berücksichtigt wird, dass mehr als 99 Prozent der deutschen Unternehmen ein KMU sind, wird die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung des Mittelstands in Verbindung mit den aktuellen Problemstellungen im Umgang mit KI sehr deutlich.1 Die Notwendigkeit, sich mit den Herausforderungen zu befassen, welche für die Unternehmen bestehen, liegt absolut auf der Hand.
Für die Unternehmen, welche KI bereits einsetzen oder über einen entsprechenden Einsatz nachdenken, lassen sich häufig ad hoc nicht die optimalen Praxislösungen finden. Eine Integration in die Unternehmensabläufe, die über eine experimentelle Phase hinausgeht, wird entsprechend selten umgesetzt. Die Hintergründe dafür finden sich zumeist in den vorliegenden Unternehmensstrukturen oder bei der Verfügbarkeit von Daten für die Unternehmen wieder. Weitere Herausforderungen sind:
Des Weiteren bedingt das unterschiedliche Verständnis von KI und deren Einsatzmöglichkeit, dass Anspruchsgruppen ein sehr heterogenes Wissen aufweisen. So bringen Machine Learning Engineers ein deutlich tieferes Verständnis mit als bspw. Domänen-Experten.
Das intuitive Verständnis der Modellentscheidungen ist jedoch maßgeblich für den KI-Einsatz in Unternehmen. Die Studie “Erklärbare KI” vom BMWi bestätigt, dass auf diesem Weg eine Steigerung der Akzeptanz erreicht werden kann. Ebenso Zertifizierungen ziehen einen Gewinn aus dem hohen Transparenzanspruch.2
Im Detail hat sich so der Grundsatz herausgebildet, das Modellentscheidungen, in einem gegebenen Kontext, leicht verständlich sein sollen.
Das Forschungsfeld erklärbarer KI definierte wichtige Kriterien, die erfüllt sein müssen, um von sog. eXplainable AI (kurz XAI) zu sprechen:
Weiterhin wird bei KI-Lösungen zwischen sog. White-Box- und Black-Box-Modellen unterschieden. Der wesentliche Unterschied beider Ansätze ist, dass die Resultate eines White-Box-Modells transparent und erklärbar sind, da sie in der Regel auf logischen Zusammenhängen und nicht auf statistischen Berechnungen basieren. Die Ergebnisqualität und deren Einsatzmöglichkeiten sind jedoch nicht mit derer aktueller Black-Box-Modelle vergleichbar.
Im Hinblick auf die spezifische Problemstellung der fehlenden Erklärbarkeit von Black-Box-Modellen hat sich das gemeinsame Forschungsprojekt DAIKIRI der DICE Gruppe (Universität Paderborn), USU Software AG, pmOne AG und elevait dieser Herausforderung angenommen. Eines ihrer Ziele war es, eine Lösung zu erarbeiten, welche dem Anspruch der Nachvollziehbarkeit auch beim Einsatz der Black-Box-Modelle gerecht wird. Die erreichten Ergebnisse beinhalten verschiedene, eng miteinander kombinierte Konzepte und Modelle, welche u.a. zur Erklärbaren Diagnostischen KI für industrielle Daten (abgekürzt: DAIKIRI) genutzt werden.
Die Abbildung der Modellentscheidungen, welche erklärbar gemacht werden, erfolgt über textuelle oder bildhafte Darstellung der Regeln, nach welchen die Lösungsfindung stattfindet.
Den technologischen Ansatz dafür bildet das sog. strukturierte maschinelle Lernen (SML). Hierbei wird mit Wissensgraphen, ähnlich zum Google Knowledge Graph4 oder DBpedia5, gearbeitet, welche Informationen als verknüpfte Daten für die verschiedenen Anforderungen repräsentieren können.
Für das Training der Modelle wird mit einer Kombination von aktivem Lernen und SML gearbeitet. Die Anreicherung der Vorschläge vom Modell mit den Bewertungen durch die Anwender:innen bildet dabei das aktive Lernen ab (Human-in-the-Loop-Ansatz).
Für die Erstellung von Wissensgraphen ist ebenso Spezialwissen notwendig. Zur Lösung dieser Herausforderung wurde im Forschungsprojekt die Open-Source-Bibliothek Vectograph entwickelt. Diese ermöglicht das automatische Generieren von Graphdaten aus gegebenen Tabellendaten, heißt aus flachen Daten die Wissensgraphen zu generieren. Mit diesen Wissensgraphen werden weiterführend Ontologien, also Klassen bzw. Konzepte mit ihren Relationen, (semi-) automatisiert definiert.
Parallel dazu werden die komplexen Black-Box-Modelle für die Klassifikation der Daten im Live-Betrieb trainiert, die anschließend mittels SML zu erklären sind. Dies wird auch als Training des Klassifikators bezeichnet. Grundlage hierfür sind wie üblich annotierte Daten. Diese Daten werden jedoch auch für das Anlernen im SML genutzt, da dieses Verfahren neben dem Wissensgraph auch positive und negative Beispiele für jede Klasse benötigt.
Es sind nun alle Bestandteile der Pipeline vorhanden: der Wissensgraph, die Ontologie, das Klassifikationsmodell und das SML-Modell. Mit dem DAIKIRI-Verbalizer können nun die im SML erstellten logischen Ausdrücke in natürlichsprachliche Sätze zur Erklärung der verschiedenen Klassen umgewandelt werden. Dies ermöglicht es dem Domänen-Experten, die Ergebnisse sinnvoll zu interpretieren.
Die Ergebnisse im Forschungsprojekt haben gezeigt, dass die Verbalisierung für die Domänen-Experten gut verständlich ist und somit die Nachvollziehbarkeit der Modellentscheidungen maßgeblich voranbringt.
Die weiteren Arbeitsschritte mit weiterführenden Forschungsprojekten liegen nun u.a. in der Entwicklung von Methoden, die eine weitere Automatisierung für die Erstellung der Klassen und Relationen in den Wissensgraphen ermöglicht. Somit werden die Kompetenzen der Domänen-Experten sowie die notwendigen Logik-Skills in Verbindung gebracht und erleichtern in hohem Maße den Aufwand der Modellintegration in den Prozessen.
Du möchtest tiefer in das Forschungsprojekt eintauchen? Dann füll gern das Download-Formular aus.
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