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Interviews

G’Day from Down Under - Erfahrungen eines Remote-Work Aufenthalts in Australien

Severin Kehding, Tom Horak, Gregor Blichmann

26.2.2024

Im Zeitalter der Digitalisierung und globalen Vernetzung ist es für viele Arbeitnehmende möglich, ihre Aufgaben auch remote, also nicht aus dem Büro heraus, sondern von einem anderen Arbeitsplatz aus zu erledigen. 

Der Trend des Arbeitens aus der Ferne ermöglicht es, Kolleg:innen unabhängig vom Standort effizient einzubinden. Doch welche Herausforderungen und Chancen ergeben sich, wenn Mitarbeitende für längere Zeit im Ausland tätig sind?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, haben wir mit unserem Kollegen Severin gesprochen, welcher dem tristen deutschen Winter entflohen ist und für mehrere Monate seine Workation in Australien verbracht hat. Wir erhalten Einblicke in seinen Arbeitstag in Australien und wie er die Zusammenarbeit mit seinem Team am anderen Ende der Welt wahrgenommen hat. 

Darüber hinaus haben wir auch andere Kollegen befragt, die eng mit Severin zusammenarbeiten, um ihre Einschätzungen über die Vor- und Nachteile der Remote-Arbeit aus dem Ausland zu hören. 

Schauen wir uns also an, wie Severin die Arbeit in Down Under erlebt hat. 🦘🌏

Wie hast du die zeitliche Differenz zwischen Australien und Dresden erlebt?

Zeitzonen sind im Software Development an sich ein absoluter Alptraum für Implementierungen. Im Falle der Verschiebung zwischen Dresden und Australien war es jedoch ein absoluter Segen. Während der Arbeitswoche hat die Zeitverschiebung mir erlaubt, den Tag über im Land unterwegs zu sein und Dinge bei Tageslicht und Sonnenschein zu erleben. Mein Arbeitstag startete dann gegen 16 / 17 Uhr australischer Zeit, was 7 / 8 Uhr morgens in Deutschland bedeutet. 

Die Sonne geht, auch wenn es Sommer in Australien ist,  bereits gegen 18 Uhr unter, jedoch steht sie gegen 5 Uhr morgens bereits fast am Zenit. Somit konnte ich die Tage komplett zum Erkunden der Gegend nutzen. Arbeiten bis tief in die Nacht, also 1 oder 2 Uhr morgens, bereitete mir nur an wenigen Tagen ein Problem. Tatsächlich war es im Großen und Ganzen eine wirklich gute Wahl, da die Temperaturen in den Abendstunden gefallen sind und man nicht bei 40 Grad arbeiten musste. 

Welche Herausforderungen und Vorteile hat diese Zeitverschiebung für deine Arbeit mit sich gebracht?

Was mir aufgefallen ist: Termine nach 16 / 17 Uhr deutsche Zeit sind eine absolute Rarität für mich geworden und erstaunlicherweise klappte dies auch immer problemlos. Ein weiterer Vorteil war es, dass ich in der Lage gewesen bin Zeitslots während des australischen Tages zu nutzen, um sogenannte Fokuszeiten zu bekommen. Dies hat es mir ermöglicht, Themen effizient anzugehen und abzuarbeiten ohne Slack Nachrichten oder E-Mails, die einen dann doch schon mal ablenken können.

Die größte Herausforderung war tatsächlich, dass man unter der Woche die Disziplin und auch den Willen haben muss, gegen 16 / 17 Uhr wieder zuhause zu sein, damit man arbeiten kann. So schön, wie es auch klingt, dass man Tagesausflüge machen kann, bei schönem Wetter ist es ebenfalls ein Fluch.  Die australischen Freunde und Bekannten kommen von der Arbeit, sind unternehmungslustig und du musst dich vor die Flimmerkiste setzen, um deine Arbeit zu erledigen.  

Kannst du uns etwas über deinen täglichen Arbeitsablauf erzählen? Wie hast du die Balance zwischen Arbeit und Freizeit in einer anderen Zeitzone gehalten?

Es gab Tage, an denen ich unter der Woche nichts unternommen habe. An diesen Tagen ist es dann vorgekommen, dass ich tagsüber ein wenig gearbeitet habe, um Themen, für die keine synchrone Kommunikation notwendig gewesen ist, abzuarbeiten. Diese Zeit habe ich dann eigenverantwortlich an anderen Tagen weniger gearbeitet oder umverteilt, um somit auch mal an einem Freitag etwas früher in den Feierabend gehen zu können. 

Meistens bin ich gegen 1 / 2 Uhr ins Bett gegangen und dann schon wieder gegen 8 Uhr aus dem Bett geflohen, da das Gezwitscher der Vögel Australiens einem oftmals den Schlaf rauben. Nach meiner Morgenroutine ging es dann für mich entweder vor den Rechner oder direkt auf den Weg zu einem Tagesausflug, damit man dann nachmittags pünktlich zu Arbeitsbeginn vor dem Laptop saß. 

Welche Tools und Lösungen haben dir geholfen, effektiv mit dem Team in der Heimat zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten?

Es mag ein wenig komisch klingen, aber vor allem ein Backup Generator (liebevoll Genny genannt) hat mir durchaus mehrfach das Leben gerettet. In der Regenzeit kann es in Australien vorkommen, dass in sehr kurzer Zeit so viel Regen vom Himmel kommt, dass die Straßen 1-2 Meter unter Wasser stehen. An solchen Tagen kann es auch sein, dass der Strom für 2-3 Stunden nicht verfügbar ist. Wenn man in einem Haushalt ohne Genny ist, wird man einfach kreativ. 

Außerdem denke ich, dass es bei allen Remotetätigkeiten wichtig ist, das ein oder andere informelle Meeting zu erstellen. Sich auf einen virtuellen Kaffee zu treffen oder einen kurzen Huddle vom Strand/Boot in einer ruhigen Minute kann da schon Wunder bewirken!

Welche Tipps würdest du anderen geben, die ebenfalls über große Entfernungen arbeiten möchten?

Bevor man sich auf die Reise macht und sich Hals über Kopf in ein solches Unterfangen über mehrere Wochen oder sogar Monate begibt, kann ich wärmstens empfehlen, einen kleinen Testballon zu starten. Auch sollte man sich verschiedene Fragen stellen. Passen die Zeitzonen? Wie arbeite ich am besten? Was möchte ich im Zielland erleben? …

Was man natürlich bei einem solchen Abenteuer nicht aus dem Auge verlieren darf: die vereinbarten Arbeitsstunden müssen trotzdem geleistet werden, auch in einem anderen Land. Es kann also vorkommen, dass es sich unter gewissen Umständen nicht wie Urlaub anfühlen wird. Man arbeitet und das mit allen Höhen und Tiefen, die es auch in der Heimat gibt.

Außerdem haben wir bei Tom und Gregor (direkte Kollegen von Severin) nachgefragt, wie sie den Remote Aufenthalt wahrgenommen haben.

 

Wie hat sich die Zusammenarbeit mit Severin, der sich in Australien aufgehalten hat, auf eure täglichen Arbeitsabläufe ausgewirkt? Gab es besondere Anpassungen, die ihr vornehmen musstet?

Tom: Die erste Zeit gar nicht - was aber auch daran lag, dass ich selbst in Elternzeit war. Insgesamt hat sich fast nichts geändert, da wir unsere regelmäßigen Termine vormittags, deutscher Zeit hatten und dies dann auch nach wie vor gut mit Severins Arbeitszeiten gepasst hat.

Gregor: Grundsätzlich hat sich so gut wie nichts im Alltag verändert, außer dass natürlich die persönlichen Treffen und damit Möglichkeiten des informellen Austauschs in der Kaffeeküche oder der Mittagspause weggefallen sind. Die Zusammenarbeit mit Severin basiert vornehmlich auf Eigenverantwortung und gemeinsamen Zielen, da die dafür existierenden Abstimmungen bereits vormittags terminiert waren, mussten selbst diese Termine nicht verschoben werden..  

Welche Tools und Kommunikationsmittel haben euch geholfen, eine effiziente und reibungslose Kommunikation mit Severin aufrechtzuerhalten? Gab es dabei besondere Herausforderungen?

Tom: Unsere Tools und Kommunikationswege sind generell bereits auf eine hybride Arbeitsweise ausgelegt, sodass wir weiter gemacht haben wie bisher, das heißt rege Nutzung von Slack zur asynchronen Kommunikation, spontane Huddles wenn nötig, und Google Meets für regelmäßige Termine. Hier haben sich natürlich auch unsere erst kürzlich aktualisierten Meetingräume und neuen Phone Boxen im Büro positiv bemerkbar gemacht. Was auch hilfreich war: Slack kann die lokale Uhrzeit der anderen Person anzeigen 👍

Gregor: Da es bei uns im Team jedem freigestellt ist, wann er oder sie im Büro oder von daheim arbeitet, sind die Werkzeuge zur Organisation der Teams bereits darauf ausgelegt, Teams mit Personen an unterschiedlichen Standorten zu unterstützen. Aus diesem Aspekt war keine besondere Anpassung der Werkzeuge notwendig. Vielmehr hat sich durch die länger durchgehende Remote-Arbeit von Severin die Chance ergeben, unsere bestehende und teilweise nach der letzten Büroerweiterung neu aufgesetzte Meetingraum-Hardware intensiv in verschiedenen Zusammensetzungen zu testen.

Wie habt ihr die zeitliche Differenz zwischen Australien und Dresden erlebt und wie habt ihr diese in eure Arbeit integriert, um den Austausch mit Severin zu erleichtern?

Tom: Tatsächlich mehr als Aufhänger für Small Talk - "Ah, bei dir ist es noch hell?!”. Durch die Art und Weise, wie Severin seine Arbeitszeiten gelegt hat, hatten wir am Tag eine ausreichend große Überschneidung, ohne dass wir uns zu viele Gedanken machen mussten. Es gab glaube ich nur einmal die Situation, dass wir ad hoc entscheiden mussten, wie lange wir einen Workshop noch machen, bevor es doch wirklich zu spät in Australien wird.

Gregor: Da Severin seine Arbeitszeit vor Ort extra eher in die spätere Tageshälfte verschoben hat, war es für uns sehr gut möglich Termine am Vormittag oder kurz nach dem Mittag mit ihm zu vereinbaren. Ebenso sind viele der routinemäßigen Termine, wie Standups oder Plannings grundsätzlich Vormittags, so dass es für Severin möglich war diese in seinen Tagesablauf zu integrieren. Gerade weil aber hybride Meetings bei uns keine Seltenheit sind, ist die Erinnerung an die Zeitverschiebung tatsächlich etwas, was man beim Beginn eines Meetings ab und an kurz vergessen hat. Gerade wenn es doch intensivere Workshoptermine gab, die nach dem Mittag gestartet sind, galt es für uns daran zu denken, dass Severin ja bereits einen ganzen Arbeitstag hinter sich hatte. Severin ist damit aber unheimlich professionell umgegangen und war selbst spät Abends noch hoch fokussiert. Dafür sind wir ihm sehr dankbar. Ansonsten war es über die Wintertage natürlich immer ein netter Gesprächseinstieg Severin in kurzen Hosen und dünnem Hemd zu sehen, während wir hier mit dicker Jacke auf Arbeit gekommen sind.

Welche Vorteile oder auch Schwierigkeiten habt ihr bei der Zusammenarbeit mit Severin aus der Ferne festgestellt? Gab es bestimmte Aspekte, die überraschend positiv oder herausfordernd waren?

Tom: Man hat definitiv gemerkt, dass Severin die Zeit in Australien gut getan hat. Manchmal sind wir alle vielleicht zu sehr in unserem Alltagstrott gefangen, da kann so ein Tapetenwechsel einen wieder frischen Schwung geben. Ansonsten muss ich sagen, dass es überraschend gut geklappt hat! Für die Zusammenarbeit war es nicht viel anders, als wenn jemand von Deutschland aus von zu Hause aus arbeitet.

Gregor: Für mich persönlich war es überraschend unproblematisch und “normal”. Man hat kaum einen Unterschied zur Zusammenarbeit mit anderen Teammitgliedern im Home-Office festgestellt. Dank natürlich auch der Mithilfe von Severin, im Zweifelsfall abends noch erreichbar zu sein. Schwierigkeiten direkt sehe ich ansonsten keine, außer dass man im Team vorher die Rahmenbedingungen für Uhrzeiten und Kommunikationskanäle klar absprechen muss, um im Zweifelsfall zu wissen, wann und wie ein Teammitglied in der Ferne für Fragen erreichbar ist. Grundsätzlich war es für uns als Organisation auch ein schöner Beweis, dass unsere Kultur und die Art, wie wir uns organisieren, solch weite geografische Unterschiede gut überbrücken kann. 

Was wir aus dieser besonderen Arbeitskonstellation lernen können ist, dass die Arbeit aus dem Ausland nicht nur eine Gelegenheit für individuelles Wachstum und neue Perspektiven ist, sondern auch unsere Teams stärken und bereichern kann. Es ist buchstäblich eine aufregende Reise, die uns dazu ermutigt, über traditionelle Grenzen hinauszudenken und uns auf neue Arbeitsmodelle einzulassen.

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